Wichtig für Rettungskette

„Es hat ihn ganz schön erwischt“, fasst Sven Paulsen den Gesamtzustand des Patienten zusammen, der vor ihm auf dem Boden liegt. „Er hat sicher mehrere Finger gebrochen, dazu eine klaffende Wunde am Oberschenkel und aus dem Mundwinkel rinnt Blut.“ Kathrin Seehusen und Jörg Thomsen beugen sich ebenfalls über den leblosen Körper mit den vielen Verletzungen. Im Ernstfall wüssten sie ganz genau, was zu tun wäre. Aber zum Glück ist das kein Ernstfall, sondern Training. Und der Patient ist auch keine lebende Person, sondern ein Rettungsdummy. „Mit ihm können wir üben, wie man mit Menschen umgeht, die solche Verletzungen haben“, ergänzt Jörg Thomsen. Der robuste Übungspuppe besitzt an Armen, Beinen, Kopf und Rumpf Klettverschlüsse, an denen sich verschiedene Folien befestigen lassen. „Damit können wir realistische Verletzungsmuster simulieren und gezielt üben, was zu tun ist“, erklärt Kathrin Seehusen. 

Die drei Kameraden gehören zur First-Responder-Gruppe der Freiwilligen Feuerwehr Treia. Bei jedem Einsatz, zu dem die Leitstelle in Harrislee einen Notarzt auf den Weg schickt, werden auch die First-Responder mit alarmiert. In der Regel erreichen sie als Ersthelfer den Einsatzort – meist vor dem Rettungsdienst. Sie überbrücken die kritische Phase, wenn jede Sekunde zählt und ergänzen so die Rettungskette. Die medizinisch geschulten First-Responder können die Lage einschätzen und erste Maßnahmen ergreifen – zum Beispiel mit der Reanimation eines Patienten beginnen. „Diese Einsätze müssen wir regelmäßig üben“, erklärt Kathrin Seehusen. „Dabei hilft uns unser neuer Rettungsdummy sehr. Mit seiner Hilfe können wir verschiedene Verletzungsmuster durchspielen, wie sie beispielsweise bei Rauchentwicklung oder einem Verkehrsunfall entstehen.“ Darüber hinaus lassen sich Wärmepads in den Dummy einlegen. So kann die Suche mit der Wärmebildkamera geübt werden. 

Die lebensgroße Puppe kostet rund 350 Euro. „Wir hatten das Glück, dass Niels Hardtmann uns diese Summe zur Verfügung gestellt hat“, freut sich Jörg Thomsen, der sich gemeinsam mit Sven Paulsen um mögliche Sponsoren kümmert. Sie haben sich zusammengesetzt und überlegt, was die First-Responder benötigen, um noch besser helfen zu können. Entstanden ist eine lange Liste, die sie nun nach und nach angehen möchten. „Wir haben gezielt Treianer angesprochen, die zuvor ihre Bereitschaft signalisiert hatten, uns finanziell zu unterstützen.“ Dazu gehört auch das Alten- und Pflegeheim Schierholz. Dort sind die Kameradinnen und Kameraden häufiger, denn zwei Drittel aller Feuerwehreinsätze sind First-Responder-Einsätze – der überwiegende Teil davon führt in die Altenheime der Gemeinde. „Dort haben wir schon Situationen erlebt, bei denen es nötig ist abzusaugen, wie bei epileptischen Anfällen oder in Reanimationssituationen“, erklärt Kathrin Seehusen. Also sprachen sie Bettina Rickert, die Heimleiterin vor Ort an, ob der Träger bei der Finanzierung einer Absaugpumpe unterstützen könnte. Tatsächlich hat der Träger die Kosten komplett übernommen – rund 1000 Euro. „Das ist ein sehr hochwertiges Gerät, das auch der Rettungsdienst verwendet. Damit können wir adäquat arbeiten und sogar bei der Stabilisierung einer Vakuummatratze unterstützen“, erklärt Sven Paulsen. 

Mit Rettungspumpe und Absaugpumpe sind zwei große Wünsche der First-Responder erfüllt. Aber die Liste ist noch lang. „Es gibt beispielsweise eine Übungseinheit für unseren Defibrillator, die den Ernstfall simuliert“, sagt Jörg Thomsen. „Toll wäre auch eine Beckenschlinge. Damit kann man Patienten bei einer Beckenringfraktur oder bei unklaren Situationen stabilisieren.“ Auch Verbrauchsmaterial, wie Verbände und Infusionen müssen immer wieder ersetzt werden. „Wir sind sehr froh, dass wir von der Gemeinde und von privaten Treianern mit Spenden bedacht werden“, fasst Sven Paulsen zusammen. „Diese Unterstützung ist nicht selbstverständlich und es zeigt uns, wie sehr das Dorf unsere Arbeit wertschätzt. Das ist großartig und das treibt uns an.“

Beitrag veröffentlicht von:
Claudia Kleimann-Balke